Therapie
29.09.2020
Droht eine Zentralisierung und Kommerzialisierung in der Therapie?
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Die Ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit ambulanter Therapiepraxen malen ein düsteres Bild. Es besteht dringender Handlungsbedarf! Darin herrscht Einigkeit unter den Verbandsvertreter der Therapieberufe. Doch langfristige und nachhaltige Lösungen sind nicht in Sicht.
Die Ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit ambulanter Therapiepraxen malen ein düsteres Bild. Es besteht dringender Handlungsbedarf! Darin herrscht Einigkeit unter den Verbandsvertreter der Therapieberufe. Doch langfristige und nachhaltige Lösungen sind nicht in Sicht.
Die Berufsverbände in der Physiotherapie fordern auf Basis der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsanalyse des IfG, Institut für Gesundheitsökonomik, eine Preiserhöhung pro Behandlungseinheit seitens des GKV-Spitzenverbands von über 50 Prozent.
Das scheint im Moment utopisch. Zumal Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, anlässlich der am 19. August bekannt gewordenen vorläufigen Finanzergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung noch am gleichen Tag erklärte: „Wir müssen davon ausgehen, dass die Ausgaben für die medizinische Versorgung auch ohne Corona-Effekte weiter ansteigen werden, während die Einnahmesituation ab dem kommenden Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sehr schwierig wird. Deshalb bedarf es einer großen gemeinsamen Anstrengung aller Akteure im Gesundheitswesen und der Politik, um die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung auch im kommenden Jahr zu sichern.“
Ende August beginnen nun die Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und den vier Berufsverbänden in der Physiotherapie: Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten –
IFK e.V., Physio Deutschland, Deutscher Verband für Physiotherapie, Physiotherapieverband VDB und VPT Verband Physikalische Therapie. In den Unterredungen soll die Wirtschaftlichkeitsanalyse ambulanter Therapiepraxen – das WAT-Gutachten – die Verbände in ihren Forderungen unterstützen.
In einer Pressekonferenz am 30. Juli 2020 stellten das Institut für Gesundheitsökonomik (IfG), vertreten durch Institutsdirektor Professor Dr. Günter Neubauer, und Vertreter der Berufsverbände die aktuelle Wirtschaftlichkeitsanalyse ambulanter Therapiepraxen vor. Und das, was Professor Neubauer als Ergebnis präsentierte, setzt das fort, was seit Jahren gefordert wird.
Nicht nur, dass die Einkommen der systemrelevanten Praxen hinter den Kolleginnen und Kollegen in Krankenhäusern hinterherhinkt, sondern die wirtschaftliche Existenz der Praxisinhaber, vor allem der vielen Einzelunternehmen ohne therapeutische Mitarbeiter ist gefährdet. Hier sinkt der errechnete Überschuss bezogen auf das Jahr 2018 – vor Steuern und Sozialabgaben – auf unter 17 Euro pro Arbeitsstunde. In größeren Einrichtungen kommt ein Praxisinhaber im Schnitt auf immerhin knapp 30 Euro.
Zur finanziell nicht angemessenen Situation der meisten ambulanten therapeutischen Einrichtungen kommt, dass angestellte Fachkräfte und Spezialisten nicht entsprechend bezahlt werden können. Die Folge ist, dass der Fachkräftemangel sich in den Therapie-Praxen manifestiert, denn so ist es Praxisinhabern unmöglich, mit anderen Arbeitgebern in den Wettbewerb zu treten.
Neben der betriebswirtschaftlich nicht zufriedenstellenden Gesamtlage zieht sich von Jahr zu Jahr das Thema der Verwaltungsarbeit. Diese Arbeit müsste in das Entgeltsystem der Physiotherapie eingepreist werden, fordert das WAT-Gutachten. Denn die vergütete Behandlungszeit der Krankenkassen mit 15 bis 25 Minuten decken in keiner Weise die Zeit, welche tatsächlich in der Therapie aufzubringen ist. Hinzu kommen Vor- und Nachbereitung, Dokumentation und Kommunikation mit den Verschreibern. Die Analyse des IfG geht von einem Zeitaufwand von durchschnittlich 30 Minuten pro Therapieeinheit aus.
Die Gefahren, die sich hieraus ergeben, benennt Institutsdirektor Neubauer. Einerseits kann dies zu einer Zentralisierung führen, die eine flächendeckende physiotherapeutische Versorgung nicht mehr gewährleisten kann. Andererseits besteht das Risiko der Kommerzialisierung, kleine Praxen verschwinden vom Markt und durch Kettenbildung könnte es zur Monopolisierung kommen.
Was solchen Entwicklungen entgegenzusetzen ist – außerhalb des ökonomischen Aspekts –, bleibt offen. Denn die Vergütungsverhandlungen der Berufsverbände mit dem GKV-Spitzenverband allein werden das kaum richten können. Übrigens: Sollten sich beide Parteien bis Ende September nicht einigen, entscheidet eine unabhängige Schiedsstelle über die Vergütungssätze.
Am WAT-Gutachten teilnehmende Verbände:
››› Ergotherapie: Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.
››› Logopädie/Sprachtherapie: Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V., Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie, LOGO Deutschland
››› Physiotherapie: Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e.V., Physio Deutschland, Deutscher Verband für Physiotherapie, Physiotherapieverband VDB und VPT Verband Physikalische Therapie
››› Podologie: Bundesverband für Podologie, podo Deutschland und VDP, Verband Deutscher Podologen
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